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Gerinnungshemmendes Rattengift

Aufgrund der in letzter Zeit häufigen Anfragen bezüglich Vergiftungsfällen mit Rattengift werden im Folgenden wichtige Aspekte der gebräuchlichsten Produkte dargestellt.

Während früher (vor 1982) vielfach crimidin- oder thalliumhaltige Rattengifte (z.B. Zelio) eingesetzt wurden, überwiegen heute die sogenannten gerinnungshemmenden Rodentizide der zweiten Generation in der Bekämpfung von Nagetieren. Diese Substanzen werden auch als Superwarfarine oder lang wirksame Antikoagulantien (LWA) bezeichnet (z.B. Brodifacoum, Bromadiolon, Chlorphacion, Difenacoum, Diethalion).

Verwendung, Tiertoxizität

Die Wirkung der neueren Rattengifte beruht auf einer Hemmung der Vitamin-K-Synthese in der Leber und dadurch der Synthese Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren. Bereits nach einmaligem Fressen der handelsüblichen Fertigköder mit relativ niedrigem Wirkstoffgehalt kommt es zu einer verzögerten Blutgerinnung und tödlichen Blutungsneigung der Nagetiere. Von professionellen Schädlingsbekämpfungsfirmen werden in Ergänzung zu den Fertigködern speziell für die Einsatzorte angepaßte Köder mit Wirkstoffkonzentraten angemischt, wobei u.U. ein höherer Wirkstoffgehalt als in den üblicherweise angebotenen Fertigködern erreicht werden kann. Die regelmäßig vorgenommene Farbstoffmarkierung der Konzentrate soll ihre vollständige Durchmischung mit dem Köder anzeigen. Leider haften diese Farbstoffe bei Einnahme nicht sicher an Schleimhaut und Haut, so daß das Nichtvorhandensein von Farbstoffresten auf Schleimhäuten und in Erbrochenem eine Einnahme nicht ausschließt. Die Auslage der Köder sollte nicht an warmen Plätzen vorgenommen werden, da die Substanz dann schmilzt und für die Ratten nicht mehr attraktiv ist. Für die Überwachung der sachgerechten Auslage an öffentlich zugänglichen Plätzen (z.B. Schulen) sind die städtischen Gesundheitsämter zuständig. 

Toxizität, Vergiftungsbild und Pharmakologische Daten

Der gerinnungshemmende Effekt der neueren Rattengifte (LWA) wird klinisch erst dann manifest, wenn die im Blut zirkulierenden Gerinnungsfaktoren abgebaut sind, d.h. erst nach einem Zeitraum von 6-8h kann in der Regel mit laborchemisch meßbaren Veränderungen (Quick-Wert) gerechnet werden. Die Geschwindigkeit des Wirkungseintritts und die Wirkdauer sind abhängig vom Umfang der Blockierung der Synthese: Menge, Einnahmehäufigkeit und Art der verwendeten Rodentizide sind die bestimmenden Faktoren. Eine klinisch relevante Blutungsneigung nach einmaliger, akzidenteller Einnahme ist sehr selten, bei zeitlich aufeinanderfolgender Mehrfacheinnahme nach der Literatur jedoch häufiger aufgetreten. Die Blutungsneigung kann dann über viele Wochen anhalten, bei Erwachsenen vergingen z.T. 42 Tage bis 8 Monaten bis zur Gerinnungsnormalisierung. Da in der Literatur sogar Todesfälle [ 3] beschrieben werden, sind die gerinnungshemmenden Rodentizide, obwohl weit verbreitet, potentiell gefährliche Substanzen, die unbedingt vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden sollten.

Behandlung

Bei Vorliegen oder Verdacht auf eine akute oder chronische Vergiftung mit Rattengift sollte in jedem Fall Rücksprache mit einer Giftinformationszentrale genommen werden. Um die Giftigkeit genau einschätzen und eine entsprechende Behandlungsempfehlung geben zu können, ist es entscheidend wichtig, daß beim Anruf nach Möglichkeit Produktbezeichnung und Hersteller mitgeteilt werden. Thallium, Crimidin und Zinkphosphid sollten als Inhaltsstoffe ausgeschlossen werden. Bedeutend ist ferner, ob es sich um einen Fertigköder, einen angemischten Köder oder ein pures Konzentrat handelt.

Zur Behandlung von Vergiftungen mit gerinnungshemmenden Rattengiften wird in erster Linie Vitamin K als Antidot (Gegenmittel) eingesetzt. Je nach Schweregrad wird dieses oral oder intravenös verabreicht. Bei sehr schweren Vergiftungen kann eine intensivmedizinische Betreuung mit Substitution von Gerinnungsfaktoren erforderlich werden.

Klinischer Hinweis

Bei unklaren akuten und chronischen bzw. therapierefraktären Gerinnungsstörungen sollte differential-diagnostisch immer auch an Vergiftungen mit gerinnungshemmenden Rodentiziden als Ursache gedacht werden [ 2, 3] .

Autoren: Dr. S. Buderus, Dr. M. Adenäuer

Literatur:

Aufgrund der in letzter Zeit häufigen Anfragen bezüglich Vergiftungsfällen mit Rattengift werden im Folgenden wichtige Aspekte der gebräuchlichsten Produkte dargestellt.

Während früher (vor 1982) vielfach crimidin- oder thalliumhaltige Rattengifte (z.B. Zelio) eingesetzt wurden, überwiegen heute die sogenannten gerinnungshemmenden Rodentizide der zweiten Generation in der Bekämpfung von Nagetieren. Diese Substanzen werden auch als Superwarfarine oder lang wirksame Antikoagulantien (LWA) bezeichnet (z.B. Brodifacoum, Bromadiolon, Chlorphacion, Difenacoum, Diethalion).

Verwendung, Tiertoxizität

Die Wirkung der neueren Rattengifte beruht auf einer Hemmung der Vitamin-K-Synthese in der Leber und dadurch der Synthese Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren. Bereits nach einmaligem Fressen der handelsüblichen Fertigköder mit relativ niedrigem Wirkstoffgehalt kommt es zu einer verzögerten Blutgerinnung und tödlichen Blutungsneigung der Nagetiere. Von professionellen Schädlingsbekämpfungsfirmen werden in Ergänzung zu den Fertigködern speziell für die Einsatzorte angepaßte Köder mit Wirkstoffkonzentraten angemischt, wobei u.U. ein höherer Wirkstoffgehalt als in den üblicherweise angebotenen Fertigködern erreicht werden kann. Die regelmäßig vorgenommene Farbstoffmarkierung der Konzentrate soll ihre vollständige Durchmischung mit dem Köder anzeigen. Leider haften diese Farbstoffe bei Einnahme nicht sicher an Schleimhaut und Haut, so daß das Nichtvorhandensein von Farbstoffresten auf Schleimhäuten und in Erbrochenem eine Einnahme nicht ausschließt. Die Auslage der Köder sollte nicht an warmen Plätzen vorgenommen werden, da die Substanz dann schmilzt und für die Ratten nicht mehr attraktiv ist. Für die Überwachung der sachgerechten Auslage an öffentlich zugänglichen Plätzen (z.B. Schulen) sind die städtischen Gesundheitsämter zuständig.

 

Toxizität, Vergiftungsbild und Pharmakologische Daten

Der gerinnungshemmende Effekt der neueren Rattengifte (LWA) wird klinisch erst dann manifest, wenn die im Blut zirkulierenden Gerinnungsfaktoren abgebaut sind, d.h. erst nach einem Zeitraum von 6-8h kann in der Regel mit laborchemisch meßbaren Veränderungen (Quick-Wert) gerechnet werden. Die Geschwindigkeit des Wirkungseintritts und die Wirkdauer sind abhängig vom Umfang der Blockierung der Synthese: Menge, Einnahmehäufigkeit und Art der verwendeten Rodentizide sind die bestimmenden Faktoren. Eine klinisch relevante Blutungsneigung nach einmaliger, akzidenteller Einnahme ist sehr selten, bei zeitlich aufeinanderfolgender Mehrfacheinnahme nach der Literatur jedoch häufiger aufgetreten. Die Blutungsneigung kann dann über viele Wochen anhalten, bei Erwachsenen vergingen z.T. 42 Tage bis 8 Monaten bis zur Gerinnungsnormalisierung. Da in der Literatur sogar Todesfälle [ 3] beschrieben werden, sind die gerinnungshemmenden Rodentizide, obwohl weit verbreitet, potentiell gefährliche Substanzen, die unbedingt vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden sollten.

Behandlung

Bei Vorliegen oder Verdacht auf eine akute oder chronische Vergiftung mit Rattengift sollte in jedem Fall Rücksprache mit einer Giftinformationszentrale genommen werden. Um die Giftigkeit genau einschätzen und eine entsprechende Behandlungsempfehlung geben zu können, ist es entscheidend wichtig, daß beim Anruf nach Möglichkeit Produktbezeichnung und Hersteller mitgeteilt werden. Thallium, Crimidin und Zinkphosphid sollten als Inhaltsstoffe ausgeschlossen werden. Bedeutend ist ferner, ob es sich um einen Fertigköder, einen angemischten Köder oder ein pures Konzentrat handelt.

Zur Behandlung von Vergiftungen mit gerinnungshemmenden Rattengiften wird in erster Linie Vitamin K als Antidot (Gegenmittel) eingesetzt. Je nach Schweregrad wird dieses oral oder intravenös verabreicht. Bei sehr schweren Vergiftungen kann eine intensivmedizinische Betreuung mit Substitution von Gerinnungsfaktoren erforderlich werden.

Klinischer Hinweis

Bei unklaren akuten und chronischen bzw. therapierefraktären Gerinnungsstörungen sollte differential-diagnostisch immer auch an Vergiftungen mit gerinnungshemmenden Rodentiziden als Ursache gedacht werden [ 2, 3] .

Literatur:

  1.  
  2. Mühlendahl KE, Oberdisse U, Bunjes R, Ritter S: Vergiftungen im Kindesalter. Stuttgart 1995; 3. Auflage; 301-303.
  3.  
  4. Smolinske SC, Scherger DL, Kearns PS, Wruk KM, Kulig KW, Rumack BH: Superwarfarin poisoning in children: a prospective study. Pediatrics (1989), 84: 490-494.
  5.  
  6. Routh CR, Triplett DA, Murphy MJ, Felice LJ, Sadowski JA, Bovill EG: Superwarfarin ingestion and detection. Am J Hematol (1991), 36: 50-54.
  7.  
  8. Barnett VT, Bergmann F, Humphrey H, Chediak J: Diffuse alveolar hemorrhage secondary to superwarfarin ingestion. Chest (1992), 102: 1301-1302.

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030 / 19240

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